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21.02.2011 Wieder in der Hauptstadt

Um halb fünf klappert es an unsere Abteiltür: Die Schaffnerin deutet damit an, dass wir in Kürze an unserem Zielort angekommen werden. Der heisst Hanoi, welche die offizielle Hauptstadt des Landes ist.

Wieder ist alles perfekt organisiert: Wir werden abgeholt – vom gleichen jungen Vietnamesen, der uns schon zum Zug gebracht hat. Er fährt uns ins Sofitel Metropole, DAS Fünf-Sterne- Haus am Platz, im kolonialen Stil. Trotz der unchristlichen Uhrzeit werden wir freundlich empfangen. Wir kriegen ein Zimmer, damit wir „a little rest“ und eine Dusche nehmen können. Dieses Zimmer mit alt-französischem Ambiente geniessen wir sehr.

Bereits um sieben sitzen wir am Frühstück. Und hier gibt es alles, was das Herz begehrt: Croissants, Müesli, Käse, Eier in allen erdenklichen Varianten, eine Vielzahl von leckeren Teesorten, Früchte, Kuchen und und und. Wir sitzen in einer Art Wintergarten und geniessen den Luxus.

Frisch gestärkt geht’s auf Entdeckungstour durch Hanoi. Wir lassen uns treiben in den Gässchen der Altstadt. Wir sehen unglaublich vieles und haben all dies auch zu verarbeiten. Auffallend ist, dass mehr Autos unterwegs sind und alles ein klein wenig geschäftiger zugeht, fast habe ich das Gefühl, die Menschen sind etwas ernster als in Saigon. Vielleicht liegts aber auch am Wetter. Wir haben vielleicht 16 Grad, es ist feuchtelig-neblig. Zwar frisch, aber zum Tragen von Daunenjacken, wie es die Einheimischen tun, ist es eindeutig zu warm.

Gegessen wird auch hier ständig, auf der Strasse, meistens auf Mini- Plastik-Kinderstühlchen sitzend. Wie ein Blick auf die Teller sagt, gibt es Reis mit frischem Gemüse und Fleisch sowie heisse Suppen, meist mit Nudeln. Alles wird frisch auch auf der Strasse zubereitet und sieht gut aus. Martin kriegt vor lauter Appetit Stielaugen, ich bin aber noch nicht so weit, dass ich von Garküchen essen kann.

Weil wir wegen der kurzen Nacht im Zug ein wenig matt fühlen, legen wir uns im Hotel etwas aufs Ohr – die Distanzen sind ja nicht soo riesig. Um halb vier heisst es dann High Tea im Sofitel Legrand Metropol! Und weils so schön ist, buchen wir gleich das Chocolat Buffet mitdazu. Das ist unglaublich: Ein riesiges Schokoladenbuffet mitten in Hanoi, einschliesslich Schokoladenbrunnen, Pralinės, Marshmallows, Mousse au Chocolat, weissem und dunklem Glace, Scones, Kuchen … Ich bin stillos und hole mir fünf Mal (!) einen vollen Teller Süsses! Es ist aber auch soooooooo verlockend!

Abends treffen wir uns mit Adrian und Alessadro, einem Pärchen aus der Schweiz, die Martin flüchtig kennt und die am Nachmittag angekommen sind. Adrian ist Lehrer in der Sekundarstufe, Alessandro arbeitet im Marketing der Credit Suisse und organisiert Parties an der Pfingstweide. Erst treffen wir uns in der Avalon-Lodge, von wo wir einen Ausblick auf den Hoan Kiem-See und
die darin stehende Pagode haben. Danach gibts noch ein Nachtessen, bei dem ich nach der nachmittäglichen Schokoladenorgie aber keinen Bissen mehr runterkriege.

Müde gehen wir zur Ruh und fallen schon früh in den Schlaf unseres Nobelzimmers im neuen Flügel des Hotels.

19.02.2011: Wo sind die Reisterrassen?

Wir haben recht gut geschlafen in unserem Zug von Hanoi nach Lao Cai. Morgens um fünf kratzt der Schaffner an unsere Abteiltür und bedeutet uns, dass in einer halbe Stunde der Zielort erreicht wird. Wir ziehen unsere Thai Airways-Schlafanzüge aus, schlüpfen in unsere Strassenklamotten, trinken einen Nescafé (Martin) und einen bappsüssen heissen Lipton Eistee (ich) und verlassen bei Dunkelheit den Zug.

Lao Cai liegt 8 Kilometer von der Grenze zu China entfernt, unser Ziel heisst heute aber nicht China, sondern eine einsame Lodge in den Bergen. Von einem Fahrer eben dieser Topas Ecolodge werden wir gleich am Bahnhof in Empfang genommen. Die Straße geht bergauf, uns kommen viele Velofahrerinnen und -fahrer entgegen, die beladen wahrscheinlich auf den Markt möchten, um Gemüse, Obst und andere Waren zu verkaufen. Es ist neblig. Hoffentlich nur der Morgendampf. Es ist kühler als in Hanoi …

Nach eineinhalb Stunden Fahrt durch zum Teil ziemlich matschige und dreckige Dörfer kommen wir schliesslich an – inzwischen ist es zwar hell, aber noch immer neblig. Bevor wir unser Zimmer um 9:30 Uhr beziehen können, gibt’s erstmal Frühstück – das beste bisher in Vietnam: Reisporridge mit Kräutern, noch heisses frisches Brot, Müesli, Melonen, Mango, Birnen, Mandarinli, und ganz besonders lecker: Pfannkuchen mit heissem Früchtekompott.

Die Lodge ist wunderbar, ich fühle mich sehr wohl. Unser Zimmer entpuppt sich als eigener strohgedeckter Bungalow mit grossem Wohnbereich und einem grossen Bad – sogar mit eigenem Heizkörper. Alles sehr geschmackvoll eingerichtet, aber trotzdem zweckvoll. Wir nehmen erst mal eine heisse Dusche, wir sind ein bisschen durchgefroren, draussen hat’s vielleicht nur zehn, fünfzehn Grad.

Gegen Mittag wollen wir einen Trail mit einem Führer machen, leider wird der Ausflug abgesagt wegen eines Erdrutsches auf der Strecke. So wagen wir auf eigene Faust den so genannten „Buffolo Trail“, einen 45-minütigen Marsch rund um die Lodge. Es ist total matschig, man kommt schlecht voran. Ein paar wenige Male lichtet sich der Nebel leicht und wir können die grossartige Landschaft erahnen, in der die Lodge steht: Steile Berge abwärts, aufgegliedert in zahllose schmale Terrässchen, die sich entlang der Berge schlängeln und in denen der Reis angebaut wird. Allerdings ist davon momentan nichts zu sehen: Die Anbauzeit ist von Mai bis Mitte Oktober. Dann muss es wunderbar aussehen: die frischen grünen Pflänzchen im Wasser … Vielleicht erleben wir das ja mal wann anders.

Zurück zur Realität: wir sind im Matsch unterwegs, uns sind zwei hartnäckige Red Dao-Frauen auf den Fersen, weil sie uns etwas Handgesticktes und -genähtes verkaufen wollen. Wir beeilen uns, dass sie uns nicht erwischen. Doch leider bleibt mein Schuh im Morast stecken. Verloren. Red Dao ist übrigens ein Bergvolk, dass sich dadurch auszeichnet, dass die Frauen knallrote Kopftücher tragen. Irgendwie erinnern sie mich an die Otavalo-Indio-Frauen aus Ecuador.

Nach einer Weile finde ich heraus, dass sie vor allem Kindersachen verkaufen. Also muss ich mein Alter etwas nach oben setzen und erzählen, dass meine sechs Kinder bereits erwachsen sind, aber noch keine eigenen Kinder haben. Mit einem erstaunten „Ohh“ und „Ahh“ verlieren sie das Interesse an uns. Plötzlich und schnell.

Unser Ausflug zeigt uns, dass ein längerer Treck keinen Spass machen würde und wir machen es uns in der Lounge gemütlich.

Das Abendessen ist auch klasse: Tandori-Chicken, Kolrabisalat, Kürbis-Ingwer-Suppe, Schrimps in Bierteig, lokale Broccoli-Blätter und Dolden sowie Früchte.

Abends erfahren wir, dass die Lodge in dänisch-vietnamesischen Händen ist. Der Geschäftsführer ist ein Däne, der zwar nett ist, der aber nicht die Wärme eines „Gastgebers“ ausstrahlt, wie das zum Beispiel unsere Freundin Helene in ihrem Guest House in Ghana tat.